Legenden rund um den Ursprung der Familie Thun

Einleitung

Betrachtet man die Geschichte der Familie Thun, stößt man unweigerlich auf sämtliche Legenden, die den im Dunkel liegenden Ursprung des Adelsgeschlechts erklären sollten.

Einige dieser Ursprungslegenden wurden von der Familie selbst in Umlauf gebracht um sich im 17. und 18. Jahrhundert legitimieren zu können. Mit der Erhebung in den Grafenstand im Jahre 1629 wollte man die Familientradition neu konzipieren, um dem höheren Prestige gerecht zu werden. Viele Adelshäuser versuchten deshalb, ihre Abstammung auf ein älteres Geschlecht oder eine wichtige Persönlichkeit zurückzuführen.

Diverse Abstammungslegenden

Besonders beliebt war eine Abstammung von einem Herrscherhaus oder einer Patrizierfamilie aus Rom und auch die Familie Thun wollte sich in diese Tradition einreihen. Sie führten ihre Abstammung auf den Märtyrer Vigilius zurück, welcher mit seinen Eltern nach Trient kam und dort zum Bischof gewählt wurde. Christoph Simon von Thun , Großprior des Malteserordens und Ratgeber Kaiser Ferdinands II. und des III., glaubte, dass Sigmund von Thun , der kaiserliche Orator beim Konzil zu Trient, jene Dokumente besaß, welche eine Abstammung aus Rom bezeugen konnten, die jedoch bei dem Brand auf Schloss Thun, bei dem Sigmund selbst starb, verbrannten. Deshalb wandte sich Christoph Simon an Erzherzog Leopold von Tirol mit der Bitte, ihm aus dem Archiv in Innsbruck Abschriften besorgen zu lassen. Leopold antwortete jedoch, er hätte nichts dergleichen gefunden, glaube ihm aber, dass die Familie im Jahre 383 von Rom in das Nonstal zog. Die Sache wurde einfach geregelt: Auf einer Urkunde vom 29. September 1629 unterschrieben verschiedenste Adelsfamilien eine Bestätigung, wonach die Familie Thun aus Rom abstammt. [1] Auch Leopold bestätigte dies und somit wurde es zur allgemein angesehenen Wahrheit. Es fehlte nur noch ein großes historiographisches Werk, welches die Geschichte erzählen würde.

Als erstes Werk unter vielen ist eine Dissertation aus dem Jahr 1654 von einem gewissen Domenico Federici zu nennen (Eliotropio di Gloria): in dieser wird der Hl. Vigilius als ein Thun beschrieben. Die Abhandlung wurde dem damaligen Fürstbischof von Salzburg Guidobald von Thun ( ) gewidmet, vermutlich für seinen Amtsantritt als Bischof.

Kurz darauf erschien ein weiteres Werk zur angeblichen Herkunft der Familie Thun: Vincenzo Armanni widmete im Jahr 1668 Wenzel von Thun-Hohenstein ( ), Bischof von Passau, ein Werk, in welchem er die Verbindung der Familie Thun mit der alten römischen Familie der Capizucchi herstellte. [2]

Einige Jahre später erschien das panegyrische Werk „Gloriosus Sanctus Romedius ex comitibus […] nec non gloriosa domus comitum de Thun [..]“ vom Prämonstratenserpater aus Prag Armando Friedenfels, welcher eine Verwandtschaft mit dem Hl. Romedius zu beweisen versuchte.[3]

Bereits 1674 wurde die Verbindung der Familie Thun zu den Capizucchi und die Abstammung vom Hl. Vigilius im Werk des Tiroler Genealogen Franz Adam von Brandis „Ehren-Kräntzel“ [4] übernommen und galt forthin als Fakt.

Die Abstammung aus der Schweiz

Eine weitere, hartnäckige Herkunftslegende, findet sich selbst in der Standardliteratur, nämlich die der Abstammung der Familie aus der Gegend der Schweizer Stadt Thun am Thuner See. Eine bloße Namensübereinstimmung und ein vermeintlich ähnliches Wappen können jedoch nicht als Beweis für eine solche Herkunft dienen. Diese Vermutungen werden durch eine etymologisch-historische Analyse relativiert. Die Stadt Thun am Thunersee schien erstmals um 700 als „lacum Dunensis“ [5] auf. Der Name wird hier vom keltischen Wort „dunum“ für Befestigunsanlage bzw. Palisadenwerk abgeleitet. Die Wortwurzel ist bei der Familie Thun eine andere, nämlich „Ton“. Dass das Wappen der Stadt dem Urwappen der Thuns sehr ähnelt ist auch kein Argument: die heraldischen Darstellungsmöglichkeiten waren im Mittelalter begrenzt und können so zu vielen Überschneidungen führen.

Und doch hat sich gerade diese Herkunft in vielen Standardwerken zur Geschichte des Adels, ja sogar im berühmten Siebmacher Wappenbuch durchgesetzt. [6]

[MT]

Bibliographie

Ammann Hektor, Die Anfänge der Stadt Thun (Sonderdruck aus der „Zeitschrift für Schweizerische Geschichte“ XIII. Jahrgang Heft 3 1933)

Armanni Vincenzo, „Della nobile, & antica Famiglia de’ Capizucchi baroni Romani diramata da un medesimo stipite con quella de’ conti di Tun prosapia grande, e famosa della Germania“, Rom 1668.

Brandis Franz Adam von, Des Tirolischen Adlers Immergruenendes Ehren=Kräntzel / Oder zusammen gezogene Erzehlung jeniger Schrifft=würdigsten Geschichten / So Sich in den Zehen nacheinander gefolgten Gerschungen der Fürstlichen Graffschafft Tirol von Noë an / biß auff jetzige Zeit zugetragen, Bozen 1678.

Friedenfels Armando, Gloriosus Sanctus Romedius ex comitibus […] nec non gloriosa domus comitum de Thun [..], Prag 1699.

Glückselig Legis, Denkwürdigkeiten des Grafenhauses Thun-Hohenstein, Prag 1866.

Meraviglia-Crivelli Rudolf, Der böhmische Adel, in: Siebmachers großes Wappenbuch, Band 4, 9. Abteilung, Nürnberg 1886

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[1] Bestätigung vom 29.09.1629, Gebietsarchiv Litomerice, Teilarchiv Decín Tetschen/Bodenbach, Signatur I,330.
[2] Vincenzo Armanni, „Della nobile, & antica Famiglia de’ Capizucchi baroni Romani diramata da un medesimo stipite con quella de’ conti di Tun prosapia grande, e famosa della Germania“, Rom 1668.
[3] Armando Friedenfels, Gloriosus Sanctus Romedius ex comitibus […] nec non gloriosa domus comitum de Thun [..], Prag 1699.
[4] Franz Adam von Brandis, Des Tirolischen Adlers Immergruenendes Ehren=Kräntzel / Oder zusammen gezogene Erzehlung jeniger Schrifft=würdigsten Geschichten / So Sich in den Zehen nacheinander gefolgten Gerschungen der Fürstlichen Graffschafft Tirol von Noë an / biß auff jetzige Zeit zugetragen, Bozen 1678.
[5] Vgl. Hektor Ammann, Die Anfänge der Stadt Thun (Sonderdruck aus der „Zeitschrift für Schweizerische Geschichte“ XIII. Jahrgang Heft 3 1933), S. 7-8.
[6] Vgl. z.B. den böhmischen Band: Rudolf Meraviglia-Crivelli, Der böhmische Adel, in: Siebmachers großes Wappenbuch, Band 4, 9. Abteilung, Nürnberg 1886, S. 177 und Tafel 77.

Personen (1808 Treffer, Seite 21 von 46)

Name Geburt Geburtsort
Gräfin von Thun-Hohenstein Marie Therese 03.08.1762 Wien, AUT
Graf von Thun-Hohenstein Josef Innozenz 20.02.1761 Trient, ITA
Gräfin von Thun-Hohenstein Henrika Josefa Maria 1761 Prag, CZE
Gräfin von Thun Karoline Marie Anna 08.09.1759
von Attems Marie Karoline Therese 17.01.1759 Graz, AUT
Gräfin von Thun-Hohenstein Ernestine Josefa Franziska 1759 Prag, CZE
Gräfin von Thun Anna Alfonsina 03.10.1758 Trient, ITA
Gräfin von Thun Marie Antonie 1758 Trient, ITA
Graf von Thun-Hohenstein Karl Josef Emanuel 21.09.1757 Prag, CZE
Gräfin von Thun Josefine Marie 05.03.1757 Trient, ITA
Graf von Thun-Hohenstein Richard Leopold 1757
Graf von Thun-Hohenstein Maximilian 04.11.1756 Graz, AUT
Graf von Thun-Hohenstein Sigmund Ernst Cajetan 18.09.1755 Salzburg, AUT
Graf von Thun-Hohenstein Anton de Paula 1754 Prag, CZE
Graf von Thun-Hohenstein Sigmund Cajetan Ernst 1754 Salzburg, AUT
Gräfin von Thun-Hohenstein Eleonora Josefa 1753 Prag, CZE
Fürst von Rasoumoffsky Andreas 02.11.1752
Gräfin von Thun-Hohenstein Maria Josefa 12.09.1752 Salzburg, AUT
Graf von Thun-Hohenstein Ladislaus 23.06.1752 Prag, CZE
Gräfin von Thun-Hohenstein Maria Magdalena 25.09.1751 Salzburg, AUT
Gräfin von Kolowrat-Liebsteinsky Marie Anna 22.01.1750 Prag, CZE
Graf von Thun-Hohenstein Leopold Leonhard 17.04.1748 Prag, CZE
Graf von Thun-Hohenstein Romedius Josef 1747 Prag, CZE
Graf von Czernin Adalbert Prokop 19.04.1746
Gräfin von Thun-Hohenstein Marie Josefa Johanna 29.01.1746 Prag, CZE
Gräfin von Thun-Hohenstein Marie Therese 07.09.1744 Budweis, CZE
Gräfin von Ulfeld Marie Wilhelmine 1744 Wien, AUT
Gräfin von Thun-Hohenstein Marie Walburga Josefa 01.09.1743 Prag, CZE
Graf von Thun Simon Anton 1743 Vigo, ITA
Graf von Thun-Hohenstein Johann Nepomuk 29.07.1742 Prag, CZE
Graf von Thun-Hohenstein Matthäus Joseph 02.06.1742
Gräfin von Colonna zu Fels Anna Maria Josefa 20.03.1741
Graf von Thun-Hohenstein Norbert Josef Franz 1740 Prag, CZE
Graf von Thun Bartolomäus Herkules 1740 Trient, ITA
Graf von Thun Philipp Joseph Michael 29.09.1739 Trient, ITA
Graf von Thun-Hohenstein Sigmund Josef 1739 Prag, CZE
Gräfin von Thun-Hohenstein Christine Marie Josefa 25.04.1738 Prag, CZE
Graf von Thun-Hohenstein Wenzel Josef Johann 06.02.1737 Prag, CZE
Graf von Thun Thomas Johann 1737 Trient, ITA
Graf von Thun Johann Dominik 18.02.1736 Trient, ITA