Was ist Thun-Web?

Thun-Web ist die erste digitale Aufzeichnung der fast 1.000jährigen Geschichte einer der wichtigsten Adelsgeschlechter in Europa.

Das Projekt der Universität Innsbruck sammelte genealogische und familiengeschichtliche Quellen zur Geschichte der Thun-Hohensteins und stellt sie auf dieser Internetseite zur Verfügung. Beiträge zu den verschiedensten Themen der Familiengeschichte und Biographien von Persönlichkeiten werden auf wissenschaftlicher Basis verfasst und in einem Online-Lexikon zusammengetragen. Der recherchierte Stammbaum der Familie Thun ist mit dem Lexikon verbunden und somit für jeden ersichtlich, der sich für die abwechslungsreiche und höchst interessante Geschichte Familie Thun-Hohenstein interessiert.

Daran angebunden soll ein Netzwerk der Familie Thun entstehen, worin sich heutige Familienmitglieder einerseits über ihre eigene Geschichte und ihre Vorfahren informieren, aber auch mit anderen Verwandten in Kontakt treten können.

von Thun Jakob (1494-1559)

Gründer der ersten Linie Caldes (Artikel in Ausarbeitung)

Jakob Freiherr von Thun (*2. April 1494, †25. November 1559), Hauptmann von Peutelstein, Pfleger und Kommandant der Festung Ehrenberg, Stammvater der ersten Linie Caldes.

Familie

Jakob war der sechste Sohn von Anton Maria II., genannt „Potens“ und dessen zweiter Frau Genoveva von Wolkenstein-Rodeneck .

Aus Antons erster Ehe mit Helene von Tumbritz stammen vier Kinder, darunter der älteste Sohn Martin von Thun , Hauptmann von Königsberg und Feltre und Pfleger auf Burg Fragenstein, und Kaspar von Thun , kaiserlicher Hauptmann auf Burg Heimfels.

Jakobs Mutter Genoveva schenkte Anton 14 Kinder, darunter zehn Söhne. Einige davon haben sich besonders hervorgetan, wie etwa Sigmund von Thun , kaiserlicher Orator beim Konzil zu Trient und enger kaiserlicher Vertrauter. Des weiteren zu nennen sind Lukas , Gründer der ersten Linie Castel Thun, und Cyprian von Thun , Gründer der Linie Castel Brughier.

Am 11. Juli 1530 heiratete Jakob Margaretha Freiin von Spaur-Valer.[1] Die Ehe brachte sechs Kinder hervor , darunter Katharina Freiin von Thun , spätere Äbtissin des Benediktinerinnenklosters Sonnenburg im Pustertal und Anton Jakob , Mundschenk und Gardehauptmann Erzherzog Karls und Fortführer der vom Vater gestifteten Linie Castel Brughier. Vom älteren Bruder Anton Jakobs, Johann Ulrich , sind keine Daten bekannt, er ist wohl bereits als Kind gestorben, ebenfalls seine Schwester Felicitas . Eine weitere Schwester, Elisabeth , blieb ledig,  Helene hingegen heiratete 1551 Johann von Lichtenstein , Pfleger von Kaltern und der Laimburg.

 

Leben

Wie auch bei seinen Brüdern ist aus den jungen Jahren von Jakob nichts bekannt. Jakobs Vater, Anton Maria II., verweilte zeit seines Lebens auf Burg Rocca di Samoclevo in der heutigen Gemeinde Caldes (Val di Sole) und nutzte diese als ständigen Wohnsitz, was vermuten lässt, dass auch seine Söhne sich dort die ersten Jahre aufhielten.  Er wurde wie seine Brüder von einem Geistlichen aus Imola namens Cammilus Flamineus auf Castel Caldes, das sich neben der Rocca di Samoclevo befindet, in Schreiben und Lesen unterrichtet, die militärische Ausbildung übernahm vermutlich der Vater selbst.[2] Beruflich war Jakob in erster Linie Soldat und tritt in den Quellen als Hauptmann von Peutelstein (ab 1523) und Pfleger und Kommandant der Festung Ehrenberg im Außerfern auf.

Er galt als sonderlicher Mensch, der den „[…]wunnder vngereimbtisten gedannckhen vnnd fantaseyen[…]“[3] nachging, wie sein älterer Bruder Sigmund in einem Brief an Hanns Trautson schrieb. Jakob hatte anscheinend eine Neigung zu kostspieligen Unternehmungen, von denen er sich großen Nutzen erwartete. Den Klagebriefen der Brüder nach zu urteilen, trug er und gleichzeitig die Familie jedoch eher Schaden davon.

Er hatte in seiner Funktion als Pfleger der Grenzfestung Ehrenberg den Bau eines Werkes am Katzenberg[4] und die Anlage einer Straße über den Fernpass bei Ehrenberg mit großem Einsatz in Angriff genommen, noch heute zeugen zwei Inschriften am Eingang des Kaplaneigebäudes vom Bau der Bergstraße.[5] In der Standardliteratur zur Familiengeschichte der Thun wird er durch den Einsatz zum Straßenbau meist geehrt – außer Acht gelassen wird aber die hohe Schuldenlast, die Jakob dadurch ansammelte: Bei einer Abrechnung mit den Tirolischen Statthaltern und Kammerräten des Königs Ferdinand waren ihm zwar 29.000 fl. als Entschädigung zugewiesen worden. Diese Summe war aber weit entfernt, seine Schuldenlast zu decken und durch die hohen Zinsen wuchs sie stetig an. Die Brüder, gegen deren Rat er sich in die Unternehmungen eingelassen hatte, wollten von der Übernahme dieser Verpflichtungen nichts wissen. Doch Jakobs Bruder Sigmund, der damalige senior familiae, überredete sie, aus Rücksicht auf die Ehre der Familie, für den Bruder einzutreten. 39.900 fl. wurden teils durch Verkauf von Besitzungen, teils durch Einschränkung des Haushaltes aufgebracht; übrig blieben 43.000 fl. Schulden, die mit 5% verzinst waren.[6]

Auch erwies sich Jakob als recht eigensinnig: er wollte[break] seine eigenen Besitzungen Stein und Thierberg nicht aufgeben, obwohl dies zur Tilgung seiner Schulden betragen hätte können.

Doch nicht nur seine überschätzten Investitionen wurden Jakob zum Verhängnis: Als Kommandant der Festung Ehrenberg seit dem Jahr 1538 war er für die Abwehr derselben verantwortlich. 1546 gelang es den Truppen des Schmalkaldischen Bundes im Zuge des gleichnamigen Krieges zwischen den kaiserlichen Truppen Karls V. und dem protestantischen Bund in Tirol einzufallen, wofür Ehrenberg samt Klause zwar bemannt wurde, allerdings äußerst spärlich: von den aufgebotenen 200 Untertanen erschienen nur 29. Insgesamt wurden die Wehranlagen von nur etwa 60 Mann verteidigt. Den Schmalkalden gelang deshalb die Einnahme der Klause, die Burg wurde am nächsten Tag von Jakob von Thun an Sebastian Schertlin von Burtenbach, ein ehemaliger kaiserlicher militärischer Führer, der sich erst kurz zuvor dem Schmalkaldischen Bund angeschlossen hatte, selbst übergeben.

Aufgrund dieser schnellen Übergabe musste sich Jakob vor der Landeshauptmannschaft gegen den Vorwurf der Pflichtvergessenheit verteidigen. Er wurde bis 1547 in Untersuchungshaft genommen, sein Bruder Sigmund setzte jedoch alles in Bewegung, um Jakob zu befreien. Dieser hatte in einer auch von der Regierung in Innsbruck gebilligten Rechtfertigungsschrift versucht nachzuweisen, dass man die Festung Ehrenberg nicht mit der nötigen Mannschaft ausgestattet hätte und sie deswegen unhaltbar gewesen wäre. Sein Untersuchungsverhör war nach Ladurner am 4. und 5. Jänner.[7] Das Ergebnis desselben muss also die Freilassung gewesen sein.

Eine andere Sorge für die Brüder war dann, die Hauptmannschaft Ehrenberg wenn nicht für Jakob, so doch für die Familie zu retten. Jakobs Bruder Georg sollte diesen Posten übernehmen.

Auch nach seiner Zeit als Kommandant im Außerfern brachte sich Jakob immer wieder in Schwierigkeiten: er ließ sich in unnötige Bürgschaften für andere ein, überredete seine Brüder gegen Sigmunds Willen (Sigmund war zu dieser Zeit, wohl im Jahr 1556, in Wien und Innsbruck und konnte sich nicht persönlich darum kümmern) das Eisenbergwerk in Rabbi zu betreiben und ein Schmelzwerk zu bauen, noch bevor eine profitable Ausbeute an Erz gesichert war. Als Jakob sich erneut verschuldete, wollte sich Sigmund an Kaiser Ferdinand wenden mit der Bitte, er solle Jakob selbst warnen lassen, und gegebenenfalls durch den damaligen Landeshauptmannschaftsverwalter Simon Botsch verhaften lassen, jedoch so, dass er gut verpflegt werde. Dieses Vorhaben ist in einem ausführlichen Brief an Hanns Trautson, Erbland-Marschall von Tirol, festgehalten, in dem Sigmund ihn bittet, das Anliegen dem Kaiser vorzubringen.[8] Sigmund erklärte die Situation und ebenfalls Jakobs Handeln entgegen der Verbote der Brüder: […]er brueder Jacob hat weitterm vnnfall nachtrachten müessen, Ist In ain Melancolai vnnd aigensinnigckhait gefallen, hat wider meinen willen vnnd verpott, Als ich wenig verschiener Jaren zu Wien, vnnd daussen zu Innsprugg, In Hochstgedachter Khay. Mt. Vnd gemaines vatterlandtts geschäfften.[…][9] Zu dieser offiziellen Bittstellung kam es jedoch nicht mehr – Jakob verstarb am 25. November 1559 und wurde zwei Tage später in der Kirche in Caldes begraben.

 

Bibliographie

Ausgewählte Quellen

  • Gebietsarchiv Litomerice
  • Teilarchiv Decín Tetschen/Bodenbach
  • Familienarchiv Thun
  • Sektion VI
  • Kartone 190, 214-217
  • „Jakob (1494-1559)“.

 

Ausgewählte Literatur

[1] Gebietsarchiv Litomerice, Teilarchiv Tetschen/Bodenbach, Familienarchiv Thun, Heiratsvertrag vom 5. Juli 1530 zwischen Ulrich von Spaur und Jakob von Thun, Sektion I, 237.
[2] Vgl. Edmund Langer, Lebensskizze Sigmund’s v. Thun, des kaiserlichen Orators in der letzten Periode des Concils von Trient, Prag 1881, Anm.4. Langer führt leider nicht die genaue Quellenangabe an.
[3] Brief Sigmunds an Trautson, zit. bei: Langer, Lebensskizze Sigmund’s v. Thun, Anm. 50.
[4] Vgl. hierfür Akten im Gebietsarchiv Litomerice, Teilarchiv Tetschen/Bodenbach, Familienarchiv Thun, Sektion VI, Karton 190.
[5] Text zit. bei Glückselig Legis, Denkwürdigkeiten des Grafenhauses Thun-Hohenstein, Festgabe zu dem achtzigsten Geburtstag seiner Excellenz des hochgeborenen Herrn Herrn Franz Grafen von Thun-Hohenstein, Prag 1866, S. 37: Bey Zeiten Kayser Karlen des Fünfte(n) hat seiner Ma. Brueder Künig Ferdinand Regierender Rö. Hungerischer vn(d) Behamischer Künig Insant in hispanie(n) Ertzhertzog zw osterreich & graven zu Tyrol & diese straßs in aigne costn durch aufzeign vnd fleis S. Kn. Maj. phleg. zw. Erenberg Jacoben von Thun dem gemainen nutz zw guet von neuem machen lassenn. 1543.(zweite, deutsche Inschrift).
[6] Es wird zwar angeführt, dass Jakob finanzielle Probleme gehabt hätte, jedoch nicht, dass diese unter anderem auch mit dem Straßenbau zu tun hatten. Dass die durch den Straßenbau entstandenen Kosten enorm waren, davon zeugen diverse Auflistungen im Decíner Archiv: Gebietsarchiv Litomerice, Teilarchiv Tetschen/Bodenbach, Familienarchiv Thun, Sektion VI, Karton  214.
[7] Justinian Ladurner, Der Einfall der Schmalkalden in Tirol, in: Archiv für Geschichte Tyrols,  I. Jahr. (1864), S. 175-180.
[8] Vgl. Langer, Lebensskizze Sigmund’s v. Thun, S. 22-23 und Anm. 50.
[9] Zit. bei ebd., Anm. 50.